Ab geht die Party und die Party geht ab
Am Türsteher vorbei führte eine Treppe vom Dunkel der Nacht in ein kassemattenähnliches Gewölbe.
Die ganze Bar war in ein warmes Halbdunkel gehüllt. Das Licht leuchtete so auf die Wände aus Backstein, dass sich Schatten auf ihrer Struktur bildeten, Schemen der Geschichten und Dramen, die sich hier schon abgespielt hatten.
Man spürte, dass man an einem Ort des Lebens war. Einem gefährlichen Ort.
Der Treppe gegenüber lagen die beiden Toiletten, fein säuberlich beschriftet, mit gediegenen grünen Türen mit Messingbeschlägen. Rechterhand unter den Kellerfenstern konnte man seine Sachen aufhängen. An wenigen Haken hingen Berge von Jacken, Schals, Sakkos, selbst Mützen und Hüte.
Links von der Treppe erstreckte sich die Bar selbst, das Herzstück des ganzen Ladens. Ein Pfeiler vor der Bar teilte den Raum. Weiter hinten neben der Bar lag eine Art Separee für Paare, die sich hierhin verirrten.
Um diese Zeit, 23 Uhr, war die Bar noch fast leer. Das hieß, alle Tische waren besetzt, aber es musste noch niemand stehen und man konnte noch atmen. Leise säuselte Barmusik; verführerische Stimmen elfengleicher Wesen, die hier jeden Augenblick erscheinen müssten, tönten aus dem Lautsprecher.
Vorne hockten einige bebrillte und geschniegelte Youngster gebückt auf unbequem wirkenden Barhockern und hielten ihre Drinks schützend vor sich, nur für den Fall, dass sich jemand auf ein Gespräch mir Ihnen einlassen würde. Die Jungs wirkten noch ganz frisch, waren sicherlich das erste Mal hier, deswegen waren sie auch viel zu früh dran.
In wenigen Stunden würden ihnen die bis dahin konsumierten Cocktails vorspiegeln, ihre Erwartungen hätten sich erfüllt. Halb enthüllten Körpern würden Sie die Suche nach Sex unterstellen und musternde Blicke würden Sie für Interesse halten. Ihren eigenen gierigen Ausdruck würden Sie beim Blick in den Spiegel nicht mehr wahrnehmen.
Vielleicht würden Sie nachher, wenn ihr sensibles Gleichgewicht aus Selbstbewusstsein und Alkoholspiegel gekippt war, einen vor der Tür geparkten Porsche zerkratzen, wer weiß. Das die vor und hinter diesem Porsche geparkten Autos ein Bentley und ein Ford Mustang GT sind, würde sie aber dann doch davon abhalten.
Am nächsten Montag würden Sie wieder in ihrem Job (Internetagentur, Finanzdienstleister, Architekturbüro, Klinik, alles ab 10 Stunden täglich aufwärts) erscheinen, bereit, sich selbst zu versklaven.
Die Funktionsweise dieses Ortes war Ihnen völlig unbekannt. Einen erprobten Kompass im Dschungel aus Liebe, Sex, Anziehung, sozialer Stellung und Geld besaßen sie nicht. In ihrer Erziehung war Ihnen beigebracht worden, alle anderen Menschen gleich wertvoll zu schätzen und selbst gleich zu sein. Die in ihren Studentenpraktikas und ersten Anstellungen gesammelten eigenen Erfahrungen hatten diesen Wert bereits erschüttert, aber noch nicht ausgelöscht. Egoismus und Gier würden sie bald verbittern. Neoliberales Wirtschaftsnachrichtengewäsch würde sie dabei schmerzfrei stellen, die Abende hier sie betäuben.
In wenigen Jahren würden Sie aussehen wie dieser zynische Samstagabendanzugtragenmüssendrecksack, der da eben zur Tür reinkommt.
....
Die ganze Bar war in ein warmes Halbdunkel gehüllt. Das Licht leuchtete so auf die Wände aus Backstein, dass sich Schatten auf ihrer Struktur bildeten, Schemen der Geschichten und Dramen, die sich hier schon abgespielt hatten.
Man spürte, dass man an einem Ort des Lebens war. Einem gefährlichen Ort.
Der Treppe gegenüber lagen die beiden Toiletten, fein säuberlich beschriftet, mit gediegenen grünen Türen mit Messingbeschlägen. Rechterhand unter den Kellerfenstern konnte man seine Sachen aufhängen. An wenigen Haken hingen Berge von Jacken, Schals, Sakkos, selbst Mützen und Hüte.
Links von der Treppe erstreckte sich die Bar selbst, das Herzstück des ganzen Ladens. Ein Pfeiler vor der Bar teilte den Raum. Weiter hinten neben der Bar lag eine Art Separee für Paare, die sich hierhin verirrten.
Um diese Zeit, 23 Uhr, war die Bar noch fast leer. Das hieß, alle Tische waren besetzt, aber es musste noch niemand stehen und man konnte noch atmen. Leise säuselte Barmusik; verführerische Stimmen elfengleicher Wesen, die hier jeden Augenblick erscheinen müssten, tönten aus dem Lautsprecher.
Vorne hockten einige bebrillte und geschniegelte Youngster gebückt auf unbequem wirkenden Barhockern und hielten ihre Drinks schützend vor sich, nur für den Fall, dass sich jemand auf ein Gespräch mir Ihnen einlassen würde. Die Jungs wirkten noch ganz frisch, waren sicherlich das erste Mal hier, deswegen waren sie auch viel zu früh dran.
In wenigen Stunden würden ihnen die bis dahin konsumierten Cocktails vorspiegeln, ihre Erwartungen hätten sich erfüllt. Halb enthüllten Körpern würden Sie die Suche nach Sex unterstellen und musternde Blicke würden Sie für Interesse halten. Ihren eigenen gierigen Ausdruck würden Sie beim Blick in den Spiegel nicht mehr wahrnehmen.
Vielleicht würden Sie nachher, wenn ihr sensibles Gleichgewicht aus Selbstbewusstsein und Alkoholspiegel gekippt war, einen vor der Tür geparkten Porsche zerkratzen, wer weiß. Das die vor und hinter diesem Porsche geparkten Autos ein Bentley und ein Ford Mustang GT sind, würde sie aber dann doch davon abhalten.
Am nächsten Montag würden Sie wieder in ihrem Job (Internetagentur, Finanzdienstleister, Architekturbüro, Klinik, alles ab 10 Stunden täglich aufwärts) erscheinen, bereit, sich selbst zu versklaven.
Die Funktionsweise dieses Ortes war Ihnen völlig unbekannt. Einen erprobten Kompass im Dschungel aus Liebe, Sex, Anziehung, sozialer Stellung und Geld besaßen sie nicht. In ihrer Erziehung war Ihnen beigebracht worden, alle anderen Menschen gleich wertvoll zu schätzen und selbst gleich zu sein. Die in ihren Studentenpraktikas und ersten Anstellungen gesammelten eigenen Erfahrungen hatten diesen Wert bereits erschüttert, aber noch nicht ausgelöscht. Egoismus und Gier würden sie bald verbittern. Neoliberales Wirtschaftsnachrichtengewäsch würde sie dabei schmerzfrei stellen, die Abende hier sie betäuben.
In wenigen Jahren würden Sie aussehen wie dieser zynische Samstagabendanzugtragenmüssendrecksack, der da eben zur Tür reinkommt.
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Ther Hampe - 19. Jun, 23:16
4 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
bflo (Gast) - 25. Aug, 20:09
Hoi
Is das in München? Muss ich hin! Wo issn das?
Ther Hampe - 26. Aug, 20:22
yepp...
...aber für Details empfehle ich das Buch! Dürfte nicht zu schwer sein, das herauszufinden.
T. H.
T. H.
Sabrina (Gast) - 8. Sep, 16:13
si
Ich glaub, da war ich schon mal.
Da mein Ex-Freund ständig in solchen Bars seine "Männer-Abende" verbrachte, wollte ich mal wissen, was sich tatsächlich in so einer Bar abspielt.
Und es war: genauso wie beschrieben!
Die Mädels gleiten langsam die Treppe runter und innerhalb von höchstens 3 Sekunden werden sie von den gierigen Männerblicken abgescannt:
... zu dick, zu dünn
... Busen zu klein, Figur o.k.
... Busen wow, aber Gesicht
... zu jung - niemals
... zu alt - ist doch eh dunkel
... One Night oder auch two Nights
...........
Da mein Ex-Freund ständig in solchen Bars seine "Männer-Abende" verbrachte, wollte ich mal wissen, was sich tatsächlich in so einer Bar abspielt.
Und es war: genauso wie beschrieben!
Die Mädels gleiten langsam die Treppe runter und innerhalb von höchstens 3 Sekunden werden sie von den gierigen Männerblicken abgescannt:
... zu dick, zu dünn
... Busen zu klein, Figur o.k.
... Busen wow, aber Gesicht
... zu jung - niemals
... zu alt - ist doch eh dunkel
... One Night oder auch two Nights
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Waldschratt - 11. Sep, 20:28
Eine hervorragende Beschreibung, ein sprachlicher Hochgenuß!
*lg* und "Glück Auf!" aus dem silbernen Erzgebirge
Maik der "Waldschratt"
*lg* und "Glück Auf!" aus dem silbernen Erzgebirge
Maik der "Waldschratt"
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